Momentaufnahme 2011

Beitrag zur Artists Unlimited Zeitung, 2011

Artists Unlimited 2011 war nicht da sein. Für mich zumindest. Nur drei Monate nicht im Haus sein, in der Zeit vier Ausstellungen verpassen und das Gefühl für die Stimmung im Haus verlieren – trotz regem E-Mail-Verkehr. Artists Unlimited 2011 war wiederkommen. Sofort wieder voll einsteigen. Sommerparty, Brandschutz, Gastkünstler – es gibt immer was zu tun. 

 

Unsere Gastkünstler. Die kleine blonde Anna, die mit ihrem schnaubenden Hund durch das Haus zog. Ich wusste nicht, dass man eine Wurst an einer Leine führen kann. Riccardo, unser Gastkünstler aus Italien, der kurzzeitig die Live-Musik in unserem Haus einführte, gemeinsam mit der Teufelsgeigerin. »One more sad Italian lovesong!« Schöne Sommerabende. Joo-Hee, unsere zierliche Koreanerin, die in der Recyclingbörse ihr Paradies fand. Unmengen an Vorwerk-Staubsaugern und Glasplatten im Gastatelier. Held des Tages: Udo von der Recyclingbörse, der geduldig mit ihr von einer Börse zur nächsten fuhr.

 

Der Stern des Jahres von der NW, der an Artists Unlimited verliehen wurde – rückwirkend für 25 Jahre Kulturarbeit. Theatralisch schreiten wir mit 20 aktuellen und ehemaligen Artists zur Titelmelodie von Star Wars (!) die Showtreppe in der Hechelei herab. Auf der Bühne sind mehr Kameras als vor der Bühne. Ha. Danach wieder an die Häppchen. Großes Rührei-Frühstück nach dem morgendlichen Prüfungsmarathon von Examina. Das Gehirnwäschen-Gefühl, nach dem ewigen Einsprechen von »Brautkleid bleibt Brautkleid« in der Filmhaus-Tonkabine. Die spontane Umnutzung der leerstehenden Wohnung. Als Fotostudio, als Ausstellungsraum, als Drehort des Filmhaus-Workshops. 

 

Brandschutz. Immer wieder. Begehungen vom ISB. Begehungen von Frauen, die geheimnisvoll in ihr Diktiergerät flüstern. »Wir sind hier in einem Bad. Die Wände sind gefliest …«. Das Haus wird neu vermessen. Und noch mehr Leute wollen es sehen. Das NRW Kultursekretariat besucht uns mit einer Abordnung von Kuratorinnen aus Israel, Indien und Taiwan. Wieder einmal die Feststellung, dass sich im ganzen Haus keine einzige Glaskaraffe auftreiben lässt, in der man Leitungswasser gesellschaftstauglich servieren kann. Nur einen Tag danach die Invasion der Erstsemester vom Fachbereich Gestaltung. 60 Leute mehr im Haus. Sie umzingeln plötzlich Schreibtische und Leinwände und finden die expandierte Galerieführung offensichtlich sehr spannend. Glaskaraffen spielen zu diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr.

 

Eine Anfrage von RTL2: Die Redaktion einer Reality-Show möchte bei uns ein Model einquartieren, das – laut Drehbuch – nach kurzer Zeit feststellt, dass eine Künstlerhaus-WG nicht das Richtige für sie ist. Viel Spaß bei den Artists beim Ausmalen der Szenen, bei der Vergabe der Charaktere und Drehorte. Wir sagen ab. WDR west.art darf rein. Der Kultur TÜV für Bielefeld. Stundenlanges Filmen, zum Teil mit zu viel Konzept. Begrüßungsszenen müssen dreimal gespielt werden. Das Filmteam liebt den Fahrstuhl.

 

Bunga Bunga täterä. Die Party ist puffig, das Haus erstrahlt rosa. Die Bands und DJs geben alles, unsere Helfer sowieso. Mal wieder Glück mit dem Wetter gehabt. Zwar nicht besonders warm aber immerhin trocken. Am nächsten Tag können wir über den Innenhof schwimmen. Der Abbau ist ein einziges Vollbad. Ich spüre meine Socken nicht mehr.

 

Grillabende mit der Druckwerkstatt und unseren Party-Helfern. Wenn wir etwas können, dann Büffet! Und Hausversammlungen – fast 20 in diesem Jahr. Im Hof wird eine Weltkugel mit Hochdruck gereinigt und eine Miniatur der Galerie Kurt im Hirsch gebaut. Artists Unlimited stellt dort aus, am Prenzlauer Berg, und bringt mit einem Sprinter die Gruppenausstellung nach Berlin. Wir sitzen im romantisch verfallenen Innenhof in der Sonne, klappernde Bewegungsmelder begrüßen die Besucher. 

 

Einzüge, Auszüge und Zwischenmieter. Transporter, Tränen, hallo sagen. Das Haus verändert sich immer, mit jedem der geht, mit jedem der kommt. Die Artists sind auf Reisen. Irgendwo zwischen Korea und Israel, irgendwo zwischen Basketball und Stricken. Irgendwo und immer am selben Platz – an den man zurückkehren kann.